Alternative Reisemöglichkeiten – entschleunigt und nachhaltig unterwegs

Der Klimawandel und Corona haben unsere Sichtweise auf das Reisen komplett verändert. Während sich viele Menschen bei einem Wochenendtrip per Billigflieger früher kaum Gedanken über den CO2-Ausstoß gemacht haben, ist inzwischen ein großflächiger Sinneswandel eingetreten. Immer mehr Menschen wollen auf Flug- und Fernreisen für ihren Urlaub verzichten und wählen stattdessen alternative Reisemöglichkeiten. Hier ist die Auswahl größer, als viele vermuten: Wie wäre es beispielsweise mit Eseltrekking in der Eifel oder einem Hausboot auf der Müritz? Oder mit einer Radtour von Berlin nach Kopenhagen? Selbst weiter entfernte Ziele lassen sich umweltfreundlich und zeitsparend mit einem der europäischen Nachtzüge erreichen. Wir stellen die schönsten Ideen für alternatives Reisen vor – für Abenteuerlustige, Familien, Hobby-Kapitäne, Naturliebhaberinnen oder Entspannungssuchende.

Alternative Reisemöglichkeiten – das sind die umweltfreundlichsten Varianten

Zu Fuß gehen, wandern oder pilgern ist definitiv die nachhaltigste Art der Fortbewegung. Für Familien mit kleinen Kindern oder ältere Menschen samt Gepäck ist eine längere Strecke allein auf zwei Beinen jedoch kaum zu bewältigen. Hier bieten sich leichte Wanderungen mit Tierbegleitung wie Esel oder Pferd an. Das Gepäck wird getragen und man muss nur wenige Höhenmeter bezwingen.

Sportlicher, aber dafür besonders nachhaltig lassen sich das eigene Land oder die Nachbarländer mit dem Fahrrad erkunden. Kleine Kinder und Gepäck haben bequem im Anhänger Platz, selbst ein Zelt lässt sich per Fahrradreise mitnehmen.

Alternatives Reisen in ferne Länder geht am nachhaltigsten mit Bus oder Bahn. Die beste CO2-Bilanz hat der Fernbus, an zweiter Position steht der Zug. Wer hier rechtzeitig bucht oder ein Sparticket erwischt, kommt im Vergleich zum eigenen Auto eindeutig günstiger weg. Die nachhaltige (An)reise mit Bus und Bahn lässt sich hervorragend mit dem Fahrrad kombinieren. So ist man am Urlaubsort flexibel und kann von dort aus auch Tagestouren unternehmen.

Geht die Reise ans Wasser, ist das Leihen eines Kanus oder SUPs, also eines Stand-up-Paddling-Brettes, eine naturnahe und sportliche Alternative. Und wer hat nicht schon einmal davon geträumt, sein eigener Kapitän zu sein? Auf einem Hausboot ist das möglich – sogar ganz ohne Führerschein.

CO2-Fußabdruck bei den unterschiedlichen Reisemöglichkeiten

Laut Umweltbundesamt sieht der Emissionsvergleich in Gramm pro Person und Kilometer bei den vier klassischen Reisearten wie folgt aus: Flugzeug: 284, Auto: 152, Zug: 50, Fernbus: 36. Eine Person, die ihren Urlaub auf den Malediven verbringt, verursacht laut Umweltbundesamt für Hin- und Rückflug eine Klimawirkung von etwa drei Tonnen CO2. Zum Vergleich: Der deutsche Jahresdurchschnitt liegt bei 10,78 t. Wer also auf Alternativen zum Flugzeug setzt, spart eine Menge CO2 ein.

Beim Eselwandern gibt das Tier den takt vor - und die Pausen.
Eselwandern ist eineganz besondere Naturerfahrung und ermöglicht, die Natur ganz anders wahrzunehmen.

Wandern mit Kind und Esel – entschleunigtes Reisen

1878 durchquerte der schottische Autor Robert Louis Stevenson die Cevennen – nur in Begleitung der Eselin Modestine. Aus seinen Wandererfahrungen wurde eine berühmte Erzählung. Wer auf Stevensons Spuren wandeln möchte, kann echte Abenteuer und intensive Natur erleben. Dazu gilt es jedoch, sich voll und ganz auf den tierischen Begleiter einzulassen und sich dessen Tempo anzupassen. Das wiederum liegt bei entschleunigten drei Stundenkilometern, daher erfordert Eseltrekking keine besondere Kondition und ist gut für Familien geeignet. Die sanftmütigen Tiere motivieren den Nachwuchs zum Wandern und können kleine Kinder notfalls auf ihrem Rücken tragen, wenn diese müde werden. Während der Esel auch das Gepäck transportiert, lässt sich die wunderbare Natur genießen. Vorkenntnisse sind für dieses alternative Reisen nicht erforderlich. Bevor es losgeht, erfolgt eine Einweisung zum Umgang mit den Tieren.

Eselwanderungen werden als Tagestour oder mehrtägiges Trekking auf einer ausgearbeiteten Strecke samt Kartenmaterial oder GPS angeboten. Die Übernachtung in Zelten, auf Bauernhöfen oder in Landgasthöfen ist inklusive. Für die Esel wird unterwegs ebenfalls gesorgt, sie schlafen auf umzäunten Weiden neben den Unterkünften und bekommen frisches Gras und Wasser. Pro Tag läuft man je nach Tour mehrere Stunden, Proviant und ausreichend Wasser sollten immer im Gepäck sein. In Deutschland kann man beispielsweise in der Eifel, im Bayerischen Wald, im Allgäu oder im Rheintal mit Eseln wandern. In Europa gibt es Esel-Touren unter anderem in der Toskana, in den französischen Cevennen (auf den Spuren Stevensons) oder in Südtirol. Die Anreise erfolgt nachhaltig mit dem Zug oder Fernbus.

Fazit: Abenteuerliches alternatives Reisen mit hohem Naturfaktor. Geeignet für Familien, Freundesgruppen, Tierliebhaber und -liebhaberinnen sowie alle, die entspannt wandern möchten und nach Entschleunigung in malerischen Landschaften suchen.

Reisen auf zwei Rädern heißt auch wenig Gepäck.
Wer sich mit Muskelkraft vorwärts bewegt, reist automatisch langsamer und nachhaltiger – erlebt die Strecke dafür aber auch viel intensiver.

Eine Reise auf zwei Rädern – sportlich und nachhaltig durchs Grüne

Günstig, sportlich und nachhaltig – das ist Reisen per Fahrrad. Mit dem Rad lässt sich nicht nur die unmittelbare Gegend umweltfreundlich erkunden. Deutschlandweit gibt es ein gut ausgebautes Radwegenetz – von Tagesausflügen bis zu mehrtägigen Touren. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Fahrt entlang der Havel, durch gelbe Rapsfelder und einem Abstecher zur romantischen Insel Werder? Oder ab Mannheim über den Burgenradweg mit Besichtigung der alten Gemäuer? Man muss kein Radprofi sein, um die schöne Strecke von Berlin nach Kopenhagen bewältigen zu können. Die Fahrt kommt fast ohne Steigungen aus – dafür mit einer kleinen Fährfahrt. Wer Europa mit dem Rad erkunden möchte, reist nachhaltig mit Fernbus oder Bahn an. So lässt sich beispielsweise auf 600 Kilometern Radstrecke ganz Luxemburg mit dem Rad besichtigen. Oder man besichtigt radelnd die Schlösser der Loire in Frankreich. Eine gewisse Grundkondition ist bei dieser sehr nachhaltigen Reisealternative von Vorteil. Gute Regenbekleidung ist ein Muss – denn es kann immer mal einen Schauer geben.

Fazit: Sportliches und umweltfreundlichstes alternatives Reisen. Geeignet für alle, die Bewegung lieben und sich auch vom Wetter nicht die Laune verderben lassen. Dafür winken Ruhe, Natur und stramme Waden als Belohnung.

Alternative Reisemöglichkeiten in die Ferne – Zug für Zug Europa entdecken

Es gibt wohl kaum eine schönere Art zu reisen, als mit einer Tasse Tee in der Hand auf einem Fensterplatz zu sitzen und die Welt vorbeiziehen zu sehen. Längst sind Zugfahrten nicht mehr nur reiner Transport zum Urlaubsziel, sondern selbst die Hauptattraktion vieler Reisen. Mal geht es durch tiefe Schluchten oder märchenhafte Wälder, mal über spektakuläre Brücken oder durch endlose Seenlandschaften. Der Weg ist das Ziel und kaum ein alternatives Reisen ist entspannter als eine Bahnfahrt. Man kann lesen, plaudern, Spiele spielen, Menschen kennenlernen oder einfach den eigenen Gedanken nachhängen. Zwischenstopps sind mit dem Zug jederzeit möglich und kosten nicht mehr, so wie das beim Fliegen der Fall wäre. Selbst entfernte Länder und Städte lassen sich bequem mit dem Zug erreichen.

Einziger Haken auf den ersten Blick: der Faktor Zeit. Während beispielsweise ein Flug von Berlin nach Stockholm nur knappe zwei Stunden dauert, sind es mit dem schwedischen Nachtzug Snälltåget für dieselbe Strecke rund 20 Stunden. Allerdings: Flughäfen liegen meist weit außerhalb der Städte. Für die Anreise sowie für die umfangreichen Sicherheits- und Corona-Check-in-Maßnahmen muss man ebenfalls sehr viel Zeit aufbringen. Bahnhöfe hingegen liegen im Herzen der Stadt, sodass eine lange Anfahrt sowie Check-ins entfallen.

Nachts fahren – schneller am Ziel sein

Wer Urlaubstage und Übernachtungen einsparen möchte und gleichzeitig ein entfernteres Ziel vor Augen hat, nimmt am besten den Nachtzug. Allein innerhalb Europas gibt es inzwischen rund 150 Strecken, auf denen Nachtzüge fahren. Zu sehen sind diese auf Night-trains.com. Zwar bietet die Deutsche Bahn (DB) keine eigenen Schlafwagen mehr an. Aufgrund der wachsenden Nachfrage ist sie jedoch Teil einer europäischen Allianz, die gemeinsam das Schlaf- und Liegewagenangebot ausbauen will. Das größte Streckennetz für Nachtfahrten bietet derzeit die ÖBB, die Österreichische Bundesbahn, mit ihren komfortablen Nightjets an, in denen abends ein warmes Mahl und am Morgen vor der Ankunft ein Frühstück serviert wird.

Damit eine Reise mit dem Zug nicht nur klima-, sondern auch budgetfreundlich ist, empfiehlt es sich, möglichst früh buchen. Zwei Monate Vorlauf sollten es mindestens sein.

Fazit: Nachhaltiges und entschleunigtes alternatives Reisen für ferne Ziele. Geeignet für alle, die entspannt anreisen möchten und für die der Weg das Ziel ist.

Auf dem Wasser vom Kajak aus die Natur erleben.
Auf Wasserstraßen kann man sich auch mal treiben lassen.

Alternative Reisemöglichkeiten: achtsam auf dem Wasser unterwegs

Langsam gleitend mit einem Boot auf dem Wasser ist ein behutsames und zugleich naturnahes alternatives Reisen. Und die beste Möglichkeit, vollkommen in die Landschaft einzutauchen. Ein leises Plätschern im Ohr, ansonsten vollkommene Stille. Und mit etwas Glück erspäht man Eisvögel, Graureiher, Biber oder Otter. Deutschland bietet herrliche Paddelreviere, eines der schönsten ist der Spreewald. Das UNESCO-Biosphärenreservat mit seinen zahlreichen verzweigten, malerischen Wasserstraßen lässt sich am nachhaltigsten mit dem Kanu entdecken. Man gleitet vorbei an historischen Gebäuden und durch tiefgrüne Wälder, begleitet nur vom eigenen Paddelschlag und von Naturgeräuschen. So geht achtsames Reisen. Eine besondere sportliche Kondition ist für das Paddeln auf ruhigen Flüssen nicht erforderlich. Allerdings: Wasserscheu sollte man nicht sein, denn nass wird es allemal – bei schlechtem Wetter auch mal von allen Seiten.

Nachhaltige Wasserziele in ganz Europa

In ganz Europa laden herrliche Seen- und Flusslandschaft ein, mit dem Kanu erkundet zu werden. In der polnischen Region Masuren finden sich satte Wiesen und rauschendes Schilf. Besonders schön ist eine Paddel-Tour auf der Krutynia, dem wohl bekanntesten Paddelfluss Polens. Er führt über 16 Seen und an verschlafenen Dörfern vorbei. Noch mehr Seen, nämlich nicht weniger als 10.000, warten auf Kanuten und Kanutinnen im Südwesten Schwedens. Im Glaskogen, einem großen Naturreservat Värmlands, kann man angeln, wandern und natürlich ausgiebige Kanutouren unternehmen. Und mit etwas Glück zeigen sich hier Elche, Biber oder Fischadler. Für Familien mit Kindern bietet Frankreich beste Paddel-Bedingungen, da die meisten Reviere im Süden liegen und gutes Wetter inklusive Badespaß versprechen. Die Anfahrt für dieses alternative Reisen erfolgt bequem mit Bahn oder Fernbus. Ein eigenes Boot ist nicht nötig – dieses lässt sich stunden- oder tageweise vor Ort mieten.

Fazit: Sportliches alternatives Reisen für Singles, Paare, Familien und Freundesgruppen mit hohem Spaß-, Achtsamkeits- und Naturfaktor. Voraussetzung: sicheres Schwimmen und Spaß im und auf dem Wasser.

Kanu oder Kajak?

Wer noch nie mit einem Boot unterwegs hat, stellt sich die Frage: Welches Modell ist das richtige für mich? Beide Bootstypen werden mit Paddeln angetrieben, im Gegensatz zum Ruderboot wird ein Paddelboot in der Regel nicht in Rückwärtsrichtung gefahren, sondern vorwärts. Man sieht also immer, wohin man fährt. Das Kanu ist etwas breiter und oben offen. Damit bietet es viel Platz für Gepäck, wie zum Beispiel ein Zelt. Der Antrieb erfolgt mittels eines Stechpaddels. Ein Kajak hingegen ist eher schmaler, oben geschlossen – das dient dem Spritzschutz – und zum Fahren kommt ein Doppelpaddel zum Einsatz. Wer allein oder zu zweit per Boot kürzere Strecken mit wenig Gepäck erkunden möchte, für den ist das sportliche Kajak gut geeignet. Für längere Strecken gibt es auch Tourenkajaks, die länger sind und jede Menge Stauraum für Verpflegung und Gepäck bieten. Für Familien oder Freundesgruppen, die mehrere Tage mit Zelt oder Gepäck über Fluss- und Seelandschaften wasserwandern wollen, ist das Kanu eine gute Wahl. Auf dem Boot ist genügend Platz vorhanden, um Essen und Campingutensilien zu verstauen. Außerdem ist es durch die stabile Bauweise besonders für große Gruppen geeignet.

Einmal Kapitän sein – alternatives Reisen mit dem Hausboot

Wer immer schon mal davon geträumt hat, am Steuerrad eines Bootes zu stehen, kann dies beim Hausbootfahren wahr werden lassen. Das eigene Boot mit Bett, Küche und Bad ist eine entspannte Alternative zu Hotel, Ferienwohnung oder Campingplatz. Und: Näher kann man dem Wasser nicht sein. Einfach den Anker auswerfen und rein ins kühle Nass. Das ist vom eigenen Boot aus allemal schöner, als sich mit etlichen anderen einen Strandabschnitt oder Hotelpool zu teilen. Und so mancher See kann von seiner Größe her locker mit dem Meer mithalten – wie zum Beispiel die Müritz in Mecklenburg-Vorpommern. Was viele nicht wissen: Für einen Hausbooturlaub in Europa benötigt man weder Führerschein noch Erfahrung. Nach einer kurzen Einweisung inklusive Hafen-Aus- und Einfahrt kann es sofort losgehen.

Schöne Hausbootreviere sind zum Beispiel die Mecklenburgische Seenplatte und Brandenburg hierzulande, das Burgund, der Canal du Midi und die Bretagne in Frankreich, die Friesische Seenplatte mit ihren alten Windmühlen in den Niederlanden sowie in Italien die spektakuläre Einfahrt von Chioggia direkt in die Lagune von Venedig. Inzwischen vermieten immer mehr Anbieter auch nachhaltige Boote, die mit Solarenergie ausgestattet sind und von einem emissionsfreien Elektromotor angetrieben werden.

Fazit: Zwar gibt hier meist noch ein Verbrennungsmotor den Antrieb. Dennoch ist das Mieten eines Hausbootes in Deutschland oder Europa bei einer umweltfreundlichen Anreise per Bahn immer noch wesentlich nachhaltiger als eine Flugreise. Geeignet für alle, die das Wasser lieben und eine Alternative zu überfüllten Stränden suchen.

 

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