Argan-Öl: Wie Frauenkooperativen hochwertige Qualität sichern
Argan-Öl findet sich in immer mehr Produkten – von Kosmetik bis Lebensmitteln. Was als Trend gehypt wird, hat eine lange Tradition in Marokko – und eine kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung. Insbesondere für Frauen, die in Kooperativen das Öl ohne chemische Beigaben gewinnen und ihr eigenes Geld verdienen können. Für Verbraucher, die Menschen in den Herstellerländern und nicht Großkonzerne unterstützen wollen, ist daher die Herkunft interessant. Mina Kharis hat das Unternehmen „Kooperativen Natur Produkte“ in Deutschland gegründet. Es kümmert sich um den Import von reinem Argan-Öl direkt aus der Anbauregion. Gemeinsam mit ihrer Familie vertreibt sie die Produkte der Kooperativen Targanine aus dem Südwesten Marokkos, dem einzigen Anbaugebiet des seltenen Argan-Baumes. Im Interview spricht Mina Kharis über die Zusammenarbeit mit den Frauenkooperativen, die Vermarktung und Qualität von „Marokkos Gold“.
Argan-Öl-Importeurin Mina Kharis über ihre Zusammenarbeit mit Frauenkooperativen
Seit zehn Jahren arbeiten Sie mit unterschiedlichen Frauenkooperativen in Marokko zusammen. Wie ist diese Zusammenarbeit entstanden?
Mina Kharis: Wir stammen aus dem Argangebiet in Südwest-Marokko und kennen die Verhältnisse vor Ort. Mein Mann und ich haben seit Gründung des Unternehmens sehr engen Kontakt mit den Frauenkooperativen, von denen wir unser Öl beziehen. Die Zusammenarbeit geht weit über eine „normale“ Geschäftsbeziehung hinaus.
Wie kann man sich die Zusammenarbeit konkret vorstellen?
Mina Kharis: Das Argan-Öl aus den Kooperativen ist rein und hochwertig. Unsere Aufgabe ist es, diese Produkte in Deutschland und den Nachbarländern zu vermarkten und damit die Frauenkooperativen zu unterstützen. Deshalb gehen wir auf Messen, nehmen an Veranstaltungen und Events teil, die dazu dienen, die Argan-Produkte vorzustellen und die Vorzüge zu erläutern. Die Menschen, mit denen wir uns unterhalten, sind sehr an den Produkten interessiert. Sie sind aber skeptisch, weil sie befürchten, sehr viel Geld für etwas zu bezahlen, das kein reines Argan-Öl in Bioqualtiät ist. Diese Bedenken können wir ihnen nehmen und haben auf diese Weise schon oft Kunden gewonnen. Wer Argan-Öl der Kooperativen Targanine einmal ausprobiert hat, wird den einzigartigen Geschmack und die Qualität der Produkte sehr zu schätzen wissen.
Sie haben sie es eben angesprochen: Argan-Öl ist teuer. Warum kostet es so viel?
Mina Kharis: Wer weiß, wie viel Aufwand notwendig ist, um einen Liter Argan-Öl zu erzeugen, ist bereit, den Preis zu zahlen. Jede verkaufte Flasche Bio-Argan-Öl bedeutet mindestens einen Tag harte Arbeit für eine Arbeiterin in der Kooperative. Damit kann sie ihre Familie unterstützen und die Ausbildung der Kinder finanzieren. Im Gegenzug kümmert sich die Kooperative um die Frauen. Bei gesundheitlichen Problemen werden Behandlungskosten übernommen. Außerdem bekommen die Frauen die Möglichkeit, sich weiterzubilden und ihr traditionelles Handwerk zu professionalisieren.
Warum haben Sie sich für die Zusammenarbeit mit der Kooperativen Targanine entschieden?
Mina Kharis: Wir haben mit unterschiedlichen Kooperativen zusammengearbeitet und uns schließlich 2006 für die gute Qualität der Produkte der Kooperativen Targanine entschieden. Es liegt uns am Herzen, das großartige, soziale Engagement zu unterstützen. Eines der Probleme auf dem Argan-Öl-Markt ist, dass immer mehr private Ölmühlen auch industriell gepresstes Argan-Öl zu günstigeren Preisen auf den Markt bringen. Deshalb hat Zubida Charrouf, Professorin für Chemie an der Universität Mohammed V in Rabat, eine eigene Vermarktungsgesellschaft gegründet und wir haben die Vertretung für Deutschland und die Nachbarländer übernommen. Sechs Frauenkooperativen zur Argan-Ölherstellung und weitere sechzig, die sich allein um die Zerschlagung der Nüsse kümmern, gehören ebenfalls dazu. Die Gesellschaft sichert die Qualität und die Bio-Zertifizierung und kümmert sich um den Export. Besonders stolz sind die Frauenkooperativen auf das Slow-Food-Siegel, das 2001 verliehen wurde.
Wie hat sich die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren entwickelt?
Mina Kharis: Sie hat sich sehr positiv und partnerschaftlich entwickelt. Denn wir haben einen direkten Kontakt zur Herstellungsstätten, was den Kunden in Deutschland zugutekommt. Unsere Kunden haben die Möglichkeit direkten Kontakt zu den Kooperativen aufzunehmen, ihre Wünsche zu äußern und auch mal ein Lob auszusprechen. Unsere Kunden freuen sich, dass sie ihre Produkte hochwertigen ohne Zwischenhändler und ganz frisch mit der Seele der Kooperativen erhalten.
Wenn wir gerade darüber sprechen: Wer sind Ihre Kunden?
Mina Kharis: Unsere Kunden sind gesundheitsbewusste Menschen, die ein hochwertiges Bio-Produkt für ihre natürliche Schönheit und Gesundheit schätzen. Denn Argan-Öl ist nicht immer Argan-Öl.
Viele Menschen gehen davon aus, dass Argan-Öl gut für Haut, Haare und allgemein für die Gesundheit ist. Sehen Sie das auch so?
Mina Kharis: Ja, so sehen wir das. Dr. Peter Schleicher ist ein bekannter Immunologe, der ein Buch über die Wirkung von Argan-Öl auf den Organismus und die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten bei Hautproblemen geschrieben hat. (Peter Schleicher: Argan-Öl. Die heilende Wirkung des marokkanischen Goldes. 2014) Er setzt sich wissenschaftlich mit der Wirkung auseinander und beantwortet viele Fragen. In Marokko wird Argan-Öl seit jeher zur Pflege für Haut und Haaren eingesetzt und genießt zu Recht den Ruf, auch bei bestimmten gesundheitlichen Problemen heilsam zu wirken.
Wie lässt sich handgepresstes Argan-Öl von maschinell gepresstem unterscheiden?
Mina Kharis: Maschinell gepresstes Argan-Öl ist für uns industrielles Argan-Öl. Und das kann man qualitativ nicht mit unserem Bio-Argan-Öl vergleichen. Wer sich mit Argan-Öl auskennt, kann oft einen Unterscheid feststellen. Für die meisten Konsumenten ist das jedoch nicht möglich. Wir sind eng mit den Kooperativen verbunden und das Öl wird dort sowohl von Hand gepresst als auch halbmechanisch in kleinen Ölpressen (1. Pressung), ausschließlich in Kaltpressung gewonnen. Wir bieten zwar beide Herstellungsarten an, bevorzugen aber die halbmechanische, da das so gewonnene Öl länger haltbar ist.
Müssen wir befürchten, dass die Frauenkooperativen künftig immer häufiger Maschinen einsetzen, um kostengünstiger zu arbeiten?
Mina Kharis: Ja, aber nur bedingt! Denn die Maschinen können die Arbeit der Frauen nicht übernehmen. Nach unserer Art der Herstellung wird es immer Arbeit für die Frauen in der Kooperative auch in der Zukunft geben. Argan-Ölhandel ist Vertrauenssache.