Das digitale Leben als Klimasünde – Der CO2-Fußabdruck des Internets

Die Kollegschaft per Videokonferenz treffen, ein Dutzend E-Mails beantworten, zwischendurch mal die Wetter-App checken und ein paar Fotos teilen: Für viele gehört das zum Alltag. Was den wenigsten bewusst ist: All dies setzt CO2 frei und summiert sich zu einem digitalen Fußabdruck von 850 Kilogramm CO2-Äquivalenten. So viel verursacht laut Öko-Institut ein durchschnittlicher Internetnutzer beziehungsweise eine Internetnutzerin pro Jahr. Das bedeutet: Mit Surfen, Klicken und Chatten verbrauchen Sie schon knapp die Hälfte des zur Verfügung stehenden CO2-Budgets. Denn um den Klimawandel in erträglichen Grenzen zu halten, dürfte jeder Mensch nur zwei Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr ausstoßen. Wir haben uns den CO2-Fußabdruck des Internets einmal genauer angeschaut.

Der CO2-Fußabdruck des Internets: Das Netz ist ein Stromfresser  

Wie aber kann es sein, dass zum Beispiel bei einer Suchmaschinenanfrage CO2 anfällt? Weil bei jeder Internetnutzung viele Daten durch viel Strom in Bewegung gesetzt werden – und das über den gesamten Globus. Klimaschädlich ist das Ganze, weil die globale Stromerzeugung überwiegend noch auf fossilen Brennstoffen beruht und dabei CO2 freigesetzt wird. Wenn Sie online unterwegs sind, wird an drei Stellen Strom gebraucht und somit CO2 produziert.

Bei den Endgeräten: Ob Sie sich mit Computer, Tablet, Smartphone oder MP3-Player ins Netz einklinken – sie alle brauchen Strom. Hinzu kommt die Energie, die für die Herstellung der Geräte notwendig ist.

In den Rechenzentren: Jede Internetaktion, jede simple Textnachricht wandert als Datenpaket durch Rechenzentren und deren Server. Die Server selbst verbrauchen viel Strom und die Serverräume benötigen eine energieintensive Klimatisierung.

In den Kommunikationsnetzen: Eine Textnachricht kommt zunächst in einem Rechenzentrum an. Von dort aus geht eine Kopie der Nachricht aufs Smartphone von Empfänger oder Empfängerin. Dafür müssen die Daten durch Telekommunikationsnetze geleitet werden – auch das kostet Energie.

So viel CO2 verursachen E-Mails, Streamen und andere Dienste

Eine einzelne E-Mail oder ein hochgeladenes Foto stellen an sich noch kein großes Problem dar. Doch in der Summe verursachen sie einen enormen Klimaeffekt und erzeugen den großen CO2-Fußabdruck des Internets. Hier einige Beispiele:

  • E-Mail: Ralph Hintermann, Forscher am Borderstep-Institut rechnet vor: Die Menschen in Deutschland schreiben rund eine Milliarde E-Mails pro Tag. Dabei fällt ein Gramm CO2 pro E-Mail an (mit Anhang rund 50 Gramm) und damit insgesamt 1.000 Tonnen am Tag. Um diese Menge auszugleichen, wären 1.000 Buchen nötig, die 80 Jahre lang CO2 binden.
  • WhatsApp: Laut Think Digital Green verursacht eine Textnachricht rund zwei Milligramm, beim Teilen eines Bildes sind es zwei bis vier Gramm und bei einem einminütigen Video rund 30 bis 56 Gramm CO2Äquivalente (CO2e). Pro Tag verschicken die Menschen weltweit 100 Milliarden WhatsApp-Nachrichten. Wäre nur jede zwanzigste Nachricht ein Video, würden daraus rund 50.000 Tonnen CO2e am Tag resultieren. Das entspricht den jährlichen CO2-Emissionen von rund 20.000 Einfamilienhäusern.
  • Google-Suchmaschinenanfrage: Wer Google mit 50 Suchanfragen pro Tag nutzt, verursacht laut Öko-Institut CO2-Emissionen in Höhe von 26 Kilogramm pro Jahr. Das entspricht ungefähr einer 100-Kilometer-Fahrt mit einem Kleinwagen.
  • Film- und Videostreaming: Laut Borderstep Institut setzt eine Stunde Videostreaming rund 175 Gramm CO2 frei. Auch das mag nicht nach viel klingen. Doch anders als beim klassischen Fernsehen läuft beim Streamen für jeden einzelnen Nutzer und jede Nutzerin ein Datenstrom durchs Netz. Das Vergleichsportal „Save on Energy“ hat berechnet, dass allein das Streamen der beliebten Netflix-Serie „Stranger Things“ von 64 Millionen Menschen die gleiche Menge CO2 verursacht wie etwa 56.700 deutsche Autofahrer und Autofahrerinnen pro Jahr.
Ein Mailprogramm wird auf dem Handy per App geöffnet.
Nach wie vor werden haufenweise E-Mails versendet – auf ein Mailprogramm kann man deshalb nicht verzichten.

Diese Faktoren beeinflussen den CO2-Fußabdruck des Internets

Die Beispiele machen bereits deutlich, dass der Stromverbrauch von der übertragenen Datenmenge abhängt. Vor allem hochauflösende Fotos und Bewegtbilder lassen die Datenmenge wachsen. Und je mehr Daten, desto mehr Energie brauchen Server und Endgeräte und desto größer ist der CO2-Fußabdruck zum Beispiel einer Website.

Wie viel Treibhausgase im Einzelfall etwa durch den Aufruf einer Website entstehen, hängt mit davon ab, wie die Datenübertragung erfolgt. Der Datentransfer über einen Festnetz- oder Kabelanschluss samt WLAN ist stromsparender und somit klimafreundlicher als die mobile Datenübertragung.

Auch welches Endgerät Sie nutzen, hat Einfluss auf den CO2-Ausstoß. Geräte mit kleinem Display verbrauchen weniger Energie bei Übertragung und Gebrauch. Wer also seine Lieblingsserie über ein Tablet anstatt über den Fernseher streamt, ist klimafreundlicher unterwegs.

Mit Ökostrom betriebene Server verkleinern den CO2-Fußabdruck des Internets

Wie viel Strom der Datenverkehr verbraucht, ist nur eine Seite der Medaille. Die entscheidende Frage ist: Woher kommt der Strom, mit dem die Rechenzentren die Daten verarbeiten? Eine berechtigte Frage. Denn jedes der Rechenzentren, die zum Beispiel in Frankfurt am Main stehen, verbraucht so viel Strom wie eine Kleinstadt.

Natürlich hilft es, wenn die Serverfarmen immer energieeffizienter werden, also immer mehr Leistung pro Kilowattstunde Strom erbringen. Doch um den CO2-Fußabdruck des Internets deutlich zu verkleinern, müsste der Strom aus erneuerbarer Energie stammen. Derzeit wird die Mehrzahl der weltweiten Server mit Kohle- und Atomstrom oder einer Mischung aus erneuerbaren und fossilen Energien betrieben. In Deutschland laufen immerhin schon 30 Prozent der Rechenzentren komplett mit Ökostrom.

Bunte Datenströme sind auf einem Bildschirm zu sehen.
Unzählige Daten werden ununterbrochen ausgetauscht und verbrauchen Energie.

Klimaneutral produzierte Geräte für mehr Nachhaltigkeit?

Bei der Herstellung von Smartphones, Tablets und anderen Geräten wäre der Einsatz von Ökostrom sogar noch dringender: Denn bezogen auf ein Jahr Nutzungsdauer hat die Geräteherstellung einen größeren Anteil an unserem digitalen CO2-Fußabdruck als die Rechenzentren. Das Problem ist aber: Um ein wirklich klimaneutrales Gerät zu produzieren, müssten alle Zulieferer Ökostrom einsetzen. Bislang ist kein Gerät bekannt, wo dies der Fall ist. Hier haben Sie es also selbst in der Hand, die CO2-Bilanz Ihrer Geräte zu verbessern: Indem Sie sie möglichst lange nutzen, mit einer Reparatur die Lebenszeit verlängern und wenn möglich Gebrauchtgeräte kaufen.

„Digitale“ Treibhausgase senken: Mit Ökostrom zu Hause und online  

Natürlich ist es auch wichtig, mit welchem Strom die Geräte laufen. Wenn Sie Ihre Smartphones und Computer mit echtem Ökostrom laden, verkleinert sich der CO2-Fußabdruck des Internets.

Noch positiver ist Ihre Internet-CO2-Bilanz, wenn Sie Anbieter wählen, die ihre Server konsequent mit Ökostrom betreiben. E-Mails können Sie zum Beispiel mit Posteo.de, Mailbox.org und Tutanota klimafreundlich hin- und herschicken. Eine eigene Website ist bei grünen Webhostern wie Biohost oder Greensta gut aufgehoben. Und obwohl Google nach eigenen Angaben den Strombedarf seiner Rechenzentren zu 100 Prozent durch erneuerbare Energien deckt, lohnen sich grüne Suchmaschinen wie Ecosia oder Gexsi.

Bei grünen Anbietern ist die Sache klar. Doch was ist mit großen Playern wie Facebook, Spotify oder YouTube? Speisen die ihre Server mit Ökostrom? Leider gibt es noch kein CO2-Label für Online-Dienste, das Orientierung bieten würde. Greenpeace hat sich die bekannten Anbieter aber genauer angeschaut und ausgewertet, wie viel ihres Strombedarfs diese mit erneuerbaren Energien decken. Die Ergebnisse finden Sie in der Clicking-Clean-Studie.

Gegen wachsende Datenströme kommt Ökostrom nicht an

Mit Ökostrom zu surfen und auf grüne Anbieter zu setzen, reduziert den eigenen CO2-Fußabdruck. Sie müssen sich aber klarmachen: Die größte Herausforderung ist das wachsende Datenaufkommen. Fachleute gehen davon aus, dass sich die Menge der übertragenen Daten alle zwei Jahre verdoppelt. Und mehr Daten bedeuten mehr Stromverbrauch und somit höheren CO2-Ausstoß. Derzeit ist man jedoch noch weit davon entfernt, den steigenden Energiebedarf der Rechenzentren und Übertragungsnetze mit Ökostrom zu decken, ohne dass dieser an anderer Stelle fehlt. Das bedeutet: Um den CO2-Ausstoß des Internets in Grenzen zu halten, darf der Datenstrom nicht so rasant weiterwachsen.

Auf dem dunklen Handybildschirm ist der Offline-Modus aktiviert, um den CO2-Fußabdruck des Internets zu reduzieren.
Um Datenströme zu verringern, können Sie zum Beispiel öfter mal das Handy ausschalten und beiseitelegen.

Daten sparen: So verbessern Sie die digitale Ökobilanz

Sie fragen sich, wie Sie als Internetnutzer oder -nutzerin dazu beitragen können? Hier haben wir einige Tipps zusammengestellt, wie Sie Ihren Datenfluss reduzieren und damit Strom und CO2 einsparen können.

Ausmisten im E-Mail-Postfach

Beim Versenden von E-Mails lässt sich der Datenstrom reduzieren, wenn Sie nur komprimierte Anhänge verschicken oder via Link zum Download bereithalten. Außerdem sollten Sie sich immer fragen, wie viele Empfänger und Empfängerinnen unbedingt in CC oder BCC stehen müssen. Nicht nur das Hin- und Herschicken verbraucht Energie: Jede gespeicherte E-Mail treibt ebenfalls unentwegt viele Server an. Deshalb E-Mails regelmäßig löschen – sowohl im Postfach als auch im Papierkorb.

CO2-Fußabdruck des Internets senken: achtsames Streamen

Am besten ist es, einfach weniger Videos, Serien und Filme online anzuschauen. Wer nicht auf den Serien-Marathon verzichten kann, sollte auf einem kleineren Bildschirm streamen. Und ganz wichtig: In den Einstellungen eine niedrige Bildauflösung wählen. Was unnötig Daten in Bewegung setzt, ist die Autoplay-Funktion bei YouTube, Netflix und ähnlichen Anbietern: Das nächste Video beginnt, sobald ein Clip beendet ist. In der Regel lässt sich Autoplay in den Einstellungen deaktivieren. Wer viel Musik streamt, sollte seine Lieblingsstücke herunterladen und offline anhören.  

Ein Paar liegt im Bett und hat den Streaming-Dienst Netflix auf dem Laptop geöffnet, um den CO2-Fußabdruck des Internets zu senken.
Der kleinere Bildschirm eines Laptops reicht für Filme oft aus und man kann sich dabei gemütlich ins Bett kuscheln.

Bewusst teilen in sozialen Medien

Beim Umgang mit sozialen Medien gilt aus Klimasicht: Texte sind besser als Audiodaten, Bilder und Videos. Das entspricht zwar nicht den Gewohnheiten auf den Plattformen. Aber vielleicht müssen nicht jeder Schnappschuss und jedes lustige Video reflexartig via WhatsApp und Co. geteilt werden. Zumindest sollten Sie Bilder vor dem Verschicken komprimieren.

Die Cloud leichter machen und so den CO2-Fußabdruck des Internets reduzieren

Müssen wirklich zwölf Bilder des gleichen Motivs in der Cloud landen? Jedes Foto, jede Datei wird dort immer wieder neu abgelegt, was jedes Mal Strom verbraucht. Deshalb: Auch in der Cloud regelmäßig aufräumen und Unnötiges löschen. Oder externe Festplatten als Speicheralternative nutzen.

Unnötige Suchanfragen vermeiden

Vor allem bei komplexen Suchanfragen müssen Tausende Server arbeiten, damit in kürzester Zeit eine Trefferliste erscheint. Daher sollten Sie sich genau überlegen, was Sie suchen, und wenn möglich die URL der gesuchten Website direkt eingeben.

Kamera ausstellen

Bei einem Online-Meeting verfünffacht der Aufbau der Bildübertragung die Datenmenge pro Stunde. Wer also die Kamera ausschaltet, spart Daten und CO2 ein. Wenn die Videokamera unbedingt eingeschaltet sein soll, dann sollten Sie zumindest eine niedrige Bildauflösung wählen.

 

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