Hunde artgerecht zu Hause beschäftigen: Tipps für Schmuddelwetter
Ob im Herbst oder im Winter – Schmuddelwetter macht es Mensch und Hund nicht immer leicht, raus in die Natur zu gehen. Die Spaziergänge werden oft kürzer in der kalten Jahreszeit, der Spielplatz verlagert sich von der Wiese ins Wohnzimmer. Viele Besitzer fragen sich, wie sie ihre Lieblinge drinnen ausreichend fordern und bei Laune halten können. Welche Spiele eignen sich für die eigenen vier Wände, in denen es selten ausreichend Platz zum Toben gibt? Wie werden Hunde sinnvoll beschäftigt, damit sie auch im Winter ausgelastet sind? Und welche Hunde müssen trotzdem einfach draußen sein – egal ob es stürmt oder schneit. Hundepsychologin und Verhaltensberaterin Nadja Lichthardt aus Hamburg antwortet gerne darauf und gibt Tipps.
Nicht nur Frauchen und Herrchen, auch Hunde sind oft nicht so gerne draußen, wenn es kalt und nass ist. Haben Hunde so etwas wie einen Wintermodus, in dem sie weniger aktiv sind?
Nadja Lichthardt: Es gibt Hunde, die genießen kalte Temperaturen. Hunde mit dichtem Fell sind im Winter oft besonders gerne aktiv und Toben ausgelassen in der freien Natur. Im Sommer sind sie eher träge und weniger bewegungsfreudig. Weniger Freude haben Hunde mit wenig Fell in dieser Zeit. Sie frieren oft so stark und brauchen einen zusätzlichen Kälteschutz, einen Pullover oder eine Jacke, um sich draußen in der Kälte wohlzufühlen. Ähnlich geht es älteren oder kranken Hunden. Sie haben häufig Probleme mit dem Winterwetter und ziehen den Aufenthalt in der warmen Stube vor.
Welche Spiele eignen sich in den eigenen vier Wänden?
Nadja Lichthardt: Es gibt zahlreiche Spiele, die mit dem Hund gespielt werden können – mit und ohne Spielzeug. Mit Suchspielen, Tricks und abwechslungsreichen Intelligenzspielzeugen lassen sich Hunde prima beschäftigen. Sie werden körperlich und geistig gefordert. Ich bevorzuge in der Wohnung ruhige Aktivitäten und nutze oft die Gelegenheit, meinen Hunden Tricks beibringen. Dazu ist das Clickertraining besonders gut geeignet: Pfötchen geben, Gegenstände bringen, Rolle machen, in den Arm springen und Spielzeug aufräumen, fordern Hunde heraus. Der Kreativität sind da kaum Grenzen gesetzt.
Meine Hunde spielen auch gerne das „Kamillenspiel“, das vermutlich jedem Hund gefällt. Es ist eine willkommene Gelegenheit, den Geruchssinn zu konditionieren. Der Hund lernt, einen bestimmten Geruch zu suchen und anzuzeigen. Dazu eignet sich beispielsweise ein Beutel Kamillentee, der irgendwo in der Wohnung versteckt wird. Der Hund lernt sehr schnell, wie dieses Spiel funktioniert. Nach einigen erfolgreichen Wiederholungen reicht es aus, einen Tropfen Kamillentee in der Wohnung zu platzieren und mit „Such Kamille!“ den Hund zum Suchen aufzufordern. Das Spiel ist nicht ganz einfach zu lernen, doch die Anstrengung lohnt sich.
Wie schaffe ich es, mit dem Hund in der Wohnung zu spielen, ohne mit meinen Nachbarn Ärger zu bekommen?
Nadja Lichthardt: Am besten ist es, ruhige Spiele zu fördern und Aufregendes zu vermeiden. Bellt der Hund in der Wohnung, empfiehlt es sich, das Spiel zu beenden. Denn wenn der Hund lernt, dass er mit lautem Bellen noch mehr Aufmerksamkeit bekommt, wird er es immer wieder machen und eventuell noch verstärken. In der Wohnung sollte prinzipiell auf wildes Umherrennen verzichtet werden. Insbesondere dann, wenn nicht viel Platz ist und Möbel Verletzungsgefahren bergen. Wenn der Geräuschpegel niedrig ist, weil weder laut gebellt wird, noch Gegenstände auf den Boden knallen, dann klappt es auch mit dem Nachbarn.
Hunde sind beim Spielen oft übermütig. Wie vermittle ich, wann ein Spiel beginnt und wann es endet?
Nadja Lichthardt: Am besten ist es, nicht ständig gleich zu reagieren, wenn der Hund agiert. Natürlich darf auch mal auf Spielaufforderungen eingegangen werden, aber nicht immer. Manche Hunde wollen fast immer spielen und beenden es selten freiwillig. Es ist ratsam, Hunde nach Spielen nicht in einem aufgeregten Zustand zurückzulassen, denn damit können einige Hunde nicht gut umgehen. Oft richtet sich dann die aufgestaute Energie gegen Möbel oder andere Gegenstände in der Wohnung. Manchmal sogar zu übermütigem Schnappen und Springen nach dem Hundehalter. Mit Streicheleinheiten und Massagen lassen sich Spiele einfach und eindeutig beenden, denn Hunde entspannen dadurch. Klare Kommandos zum Beginn und Ende des Spiels unterstützen diesen Prozess.
Wie kann sich mein Hund zu Hause allein beschäftigen?
Nadja Lichthardt: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die je nach Hund variieren. Welche Spiele sich am besten eignen, lässt sich spielerisch mit dem Hund herausfinden. Für meine Hunde verstecke ich einen Teil des Futters in der Wohnung. Sie lieben es, wenn sie Leckerlis in Klorollen, Kartons, Holzschubladen, Handtuch oder einem Kong aufstöbern. Wenn Hunde etwas Artgerechtes zum Kauen haben und ein Spielzeug bekommen, mit dem sie bedenkenlos ohne Aufsicht spielen können, vergeht die Zeit schneller. Unliebsame Überraschungen lassen sich vermeiden, indem Gefahrenquellen wie Mülleimer und Stromkabel sicher gemacht werden.
Suchspiele sind besonders beliebt. Wie vermeide ich, Hunde damit zu überfordern oder zu langweilen?
Nadja Lichthardt: Es ist wichtig, den Hund zu beobachten und ihn ausprobieren zu lassen. Wenn er Zeichen von Überforderung zeigt wie Fiepen, Bellen oder hyperaktives Verhalten, dann sollte der Hundehalter das Spiel vereinfachen und dem Hund helfen. Ratsam ist es, das Spiel mit erfolgreich zu beenden und am nächsten Tag weiter zu üben. Für den Hund ist es gut, nach dem Spiel auszuruhen oder zu schlafen, um alles zu verarbeiten. Zeigt der Hund sich „gelangweilt“, dann kann es sein, dass er einfach nur satt ist oder er die Belohnung nicht spannend genug findet. Damit der Hund durch die ganzen Leckerlis nicht zunimmt, empfehle ich, die spielerisch verabreichte Menge von der Tagesfutterdosis abzuziehen.
Es gibt viele Intelligenzspielzeuge zur Förderung von Hunden zu Hause. Sind die Unterschiede dabei groß?
Nadja Lichthardt: Prinzipiell empfehle ich, Intelligenzspiele mit dem Hund gemeinsam zu spielen und sie nicht permanent zur Verfügung zu stellen. Sie werden sonst langweilig und wenn möglich zerkaut. Das Spielzeug sollte deshalb stabil sein, am besten aus Holz, denn die Hunde entwickeln verschiedene Taktiken, um an ihr Ziel zu kommen: Der eine kratzt mit den Pfoten, der nächste leckt hartnäckig über die Oberflächen oder versucht sich mit seinen Zähnen einen Weg zu bahnen. Die meisten Hunde haben sehr viel Spaß mit dieser Art von Spielzeugen, weil es immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt. Die verschiedenen Funktionen wie beispielsweise Hütchen hochziehen, Riegel verschieben und auf sehr unterschiedliche Arten Schubladen zu öffnen, sind eine Herausforderung, die selten langweilig wird. Bis ein Hund alle Funktionen entdeckt hat, kann es einige Zeit dauern. Es ist nicht wichtig, dass der Hund alle Hindernisse zum Futterfinden sofort versteht. Es geht vielmehr darum, dass Hund und Hundehalter das Spiel gemeinsam entdecken.
Wie viel Spielzeug braucht ein Hund?
Nadja Lichthardt: Spielzeug sollte nicht ständig zu Verfügung stehen, damit es interessant bleibt. Meine Hunde finden es toll, wenn ich sie mit verschiedensten Spielzeugen überrasche und sie beschäftigen sich dann sehr lange damit. Wenn ich merke, die Begeisterung lässt nach, beende ich das Spiel und die Sachen werden wieder weggeräumt.
Wo gibt es Tipps, sinnvolles und nachhaltiges Spielzeug selber zu machen?
Nadja Lichthardt: Es gibt sehr interessante Bücher zu diesem Thema und auch im Internet gibt es unendlich viele Ideen. Mit den DIY-Anleitungen auf YouTube ist selber kreativ sein gar nicht schwer. Einfache Klorollen, Schuhkartons, Eierpappen, alte Kleidungsstücke und Handtücher eignen sich sehr gut, um Leckerlis verstecken. Spannend sind für Hunde alle Kisten, in denen Dinge versteckt sind, die Geräusche erzeugen oder Kauknochen aus geflochtenen alten Textilien.
Mit Hunden spielen, ist in der Natur oft sehr viel einfacher als in der Wohnung. Gerade in Herbst und Winter lassen sich Leckerlis prima im Laub oder Schnee verstecken und Baumstämme sich für einen Agilityparcour nutzen.