Streitpunkt Klima: Klimakommunikation mit Klima(ver)zweifelnden

Eine Gruppe sitzt an einem See und unterhält sich.

Sind Sie beim Thema Klimakrise und den Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung schon mal auf Unverständnis, Resignation, Angst oder gar Wut gestoßen? Wie haben Sie reagiert? Haben Sie das Thema fallen lassen – oder kam es zum Konflikt? Die Klimapsychologin Janna Hoppmann sagt: „Es ist kein Wunder, dass eine Bedrohung wie die Klimakrise zu zwischenmenschlichen Konflikten führt. Sie ist zwar inzwischen allgegenwärtig, aber dennoch für viele zu komplex, erscheint unlösbar, zu wenig nachfühlbar und löst schnell unangenehme Schuld- und Schamgefühle aus.“ Umso wichtiger ist es aus ihrer Sicht, dass die Menschen miteinander im Gespräch bleiben, einander zuhören und auf die Sorgen und Ängste ihrer Mitmenschen eingehen. Kurzum: Es bedarf einer Klimakommunikation auf Augenhöhe. Denn nur gemeinsam lässt sich die Krise bewältigen.

Gute Klimakommunikation: Einfühlsamkeit, echtes Interesse und Ermutigung

Wer mit Klima(ver)zweifelnden konstruktiv kommunizieren und sie im Idealfall sogar zu Verhaltensänderungen motivieren möchte, sollte sich einige psychologische und kommunikative Grundlagen bewusst machen. Janna erläutert: „Bloße Fakten oder Angstmachen inspirieren nicht zum Handeln. Stattdessen sollte es uns bei der Klimakommunikation vielmehr darum gehen, unser Gegenüber mit Neugier und echtem Interesse aufzuschließen und damit für alternative Sichtweisen zu öffnen.“

Für eine erfolgreiche Gesprächsführung sei Einfühlung deshalb wichtiger als Schlagfertigkeit, Offenheit zielführender als Besserwisserei und Ermutigung wirksamer als Gewissensappelle.

Klingt anspruchsvoll? Ist es auch! Im Folgenden gehen wir einigen klassischen „Klima-Widerstandsphrasen“ auf den Grund und geben jeweils drei Tipps, wie man darauf konstruktiv reagieren kann.

Klimmakommunikation gegen die Klima-Ohnmacht: „Ich kann eh nix machen.“

Hinter dieser Aussage verbergen sich in der Regel Ohnmacht und Hilflosigkeit. „Wir alle wünschen uns, autonom zu sein und die Dinge unter Kontrolle haben. Das ist angesichts der Klimakrise nicht einfach. Vielen Menschen fehlt es diesbezüglich an Selbstwirksamkeit“, weiß Janna. Idealerweise kann man mit guter Klimakommunikation jedoch Hoffnung säen und sichtbar machen: Gemeinsam als Gruppe und Gesellschaft können wir noch viel bewegen.

Vorschläge für konstruktive Klimmakommunikation und Reaktionen:

  1. Lösungen erfragen: „Ich denke, vielen geht es da so wie dir. Was müsste deiner Meinung nach passieren, damit du dich nicht mehr so ohnmächtig fühlst?“
  2. Erfolgsgeschichten erzählen: „Hätte Greta Thunberg im August 2018 so gedacht, gäbe es kein Fridays for Future und die Klimaveränderungen wären in Medien und Politik vermutlich noch immer ein Nischenthema. Wie siehst du das?“
  3. mit der eigenen Geschichte ermutigen: „Ich hatte auch lange das Gefühl, nichts ausrichten zu können. Aber seit ich mich politisch für mehr Klimaschutz engagiere, habe ich wieder Hoffnung. Möchtest du mich mal zu einer unserer Veranstaltungen begleiten?“

Klima-Wut: „Klima hier, Klima da – ich kann es nicht mehr hören!“

„Diese Aussage signalisiert Überforderung oder auch einfach Empörung über den Status quo“, so Janna. Bei Wut und Ausweichmanövern kann es helfen, Menschen durch einfühlsame Klimakommunikation abzuholen und gemeinsam der Wut auf den Grund zu gehen.

Vorschläge für konstruktive Klimmakommunikation und Reaktionen:

  1. entschuldigen: „Entschuldige, ich wollte dich nicht mit Dingen belehren, die du schon längst weißt.“
  2. Verständnis zeigen: „Ich finde es auch manchmal anstrengend, mich Tag für Tag – zusätzlich zu all den anderen Krisen dieser Welt – mit dem Klima zu beschäftigen.“
  3. Fokus verschieben: „Du möchtest nicht mehr über Probleme sprechen. Was hältst du davon, wenn wir stattdessen über Lösungen sprechen und darüber, wie du dir eine lebenswerte Zukunft vorstellst?“

Klimakommunikation gegen die Klima-Schuld: „Aber die anderen …“

Viele Menschen zeigen beim Thema Klimakrise als Erstes mit dem Finger auf andere Länder, Gruppen oder Individuen, deren CO2-Fußabdruck größer ist als der eigene. „Dabei geht es meist um den Schutz des eigenen Selbstwerts. Auch Scham und Schuld können eine Rolle spielen“, erklärt Janna. Sie empfiehlt, das Thema Klimagerechtigkeit offen zu thematisieren.

Vorschläge für konstruktive Klimmakommunikation und Reaktionen:

  1. genauer nachfragen: „Von wem genau würdest du dir wünschen, dass sie sich mehr fürs Klima einsetzen?“
  2. Verbindung schaffen: „Ich bin auch oft wütend darüber, dass die Politik so wenig tut, um die Erderhitzung einzudämmen. Vielleicht müssten wir als Individuen deshalb umso aktiver werden?“
  3. über Klimagerechtigkeit sprechen: „Deutschland zählt als eine der ältesten Industrienationen der Welt zu den Haupttreibern der Klimakrise und ist immer noch in den Top Ten der CO2-Verursacher. Müssen wir uns deshalb nicht besonders anstrengen?“

Klima-Naivität: „Die Technologie wird’s schon richten.“

Einige Menschen klammern sich an die Hoffnung, dass wir uns eines Tages dank gigantischer Sonnenreflektoren im Weltall oder riesiger CO2-Absaugmaschinen um die Erderwärmung keine Sorgen mehr machen müssen. Janna gibt zu bedenken: „Klimaschutz ist nicht nur ein Problem für Ingenieure, Technikerinnen und Co., sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Starke Technikgläubigkeit ist vor allem eine Strategie, um die eigene Verantwortlichkeit wegzuschieben und Anstrengungen zu vermeiden.“

Vorschläge für konstruktive Klimmakommunikation und Reaktionen:

  1. zustimmen mit einer Wendung: „Stimmt, wir brauchen auch technische Lösungen. Was wäre aber, wenn Geo-Engineering große Nebenwirkungen hätte oder viel zu teuer beziehungsweise zu energieaufwändig wäre?“
  2. einen leichteren Zugang gewähren: „Natürlich wäre es toll, wenn Ingenieure und Ingenieurinnen den menschengemachten Klimawandel für uns lösen würden. Doch ich halte das für riskant und unwahrscheinlich. Angenommen, es gibt keine technische Lösung – welche Klimaschutzmaßnahmen hätten deiner Meinung nach die größte Wirkung?“
  3. eigene Ängste eingestehen: „Mir macht der Gedanke, die Rettung unseres Planeten in die Hände weniger Personen zu legen, Angst. Wie geht es dir bei dieser Vorstellung?“

Klima-Verharmlosung: „Das Klima hat sich schon immer verändert.“

Klimawandel-Leugnung oder -Verharmlosung können in Gesprächen ganz besonders frustrieren. Dennoch stecken meist nicht primär Ignoranz oder Dummheit dahinter, sondern vielmehr Werte und soziale Identitäten. Durch gelungene Klimakommunikation kann man den Ursachen auf den Grund gehen. Janna sagt: „Die Klimakrise schürt vielerlei Ängste. Manche versuchen, ihre Ängste zu verdrängen, indem sie das Geschehen verharmlosen. Damit wollen sie ein Gefühl der Sicherheit zurückerlangen.“

Vorschläge für konstruktive Klimmakommunikation und Reaktionen:

  1. Fakten und Emotionen verbinden: „Seit den 1970er-Jahren ist in Deutschland jedes Jahrzehnt wärmer als das vorherige. Wie geht es dir bei dem Gedanken, dass das immer so weitergehen könnte?“
  2. eigene Ängste teilen: „Ich habe auch schon gehört, dass unsere Erde bereits große Temperaturschwankungen überlebt hat. Die Geschwindigkeit der Klimakrise macht mir jedoch Angst. Was, wenn wir und alle anderen Lebewesen sich nicht schnell genug an die steigenden Temperaturen anpassen können?“
  3. hypothetische Frage: „Angenommen, die Klimakrise stellt sich als weniger bedrohlich heraus, als es die meisten Wissenschaftler prophezeien. Über welche Klimaschutz-Effekte würdest du dich dennoch freuen? Sauberere Luft? Günstige, erneuerbare Energien?“

Klimakommunikation gegen Hoffnungslosigkeit: „Es ist zu spät!“

Diese Aussage kommt einer Kapitulation gleich. „Einige Menschen scheinen die Hoffnung für unseren Planeten aufgegeben zu haben. Ihre Emotionen variieren von Angst über Trauer bis hin zur Verzweiflung. Manche steigern sich gar in eine Art Untergangshysterie oder in ein Katastrophendenken hinein“, so Janna.

Vorschläge für konstruktive Klimmakommunikation und Reaktionen:

  1. zustimmen mit einer Wendung: „Stimmt, wir sind spät dran. Was wäre, wenn wir jetzt gar nichts mehr gegen die Klimakrise tun?“
  2. Perspektivwechsel: „Was würde wohl eine Person in Bangladesch, die regelmäßig Naturkatastrophen erlebt, dazu sagen?“
  3. hypothetische Frage: „Stell dir vor, es wäre noch nicht zu spät. Welcher Beitrag für mehr Klimaschutz würde dir leichtfallen?“

Klima-Faulheit: „Klimaschutz ist unbequem und schadet unserem Wohlstand.“

Keine Frage: Wer die Klimakrise ernst nimmt, muss sein Verhalten ändern – auf individueller, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene. Dass das anstrengend ist, weiß auch Janna: „Viele Menschen haben ein starkes Bedürfnis nach Sicherheit und wollen daher, dass alles beim Alten bleibt. Sie klammern sich an Gewohnheiten und fürchten sich vor möglichen zukünftigen Verlusten oder Verzicht an Lebensqualität.“

Vorschläge für konstruktive Klimmakommunikation und Reaktionen:

  1. Betonung der Autonomie: „Es ist ganz und gar deine Entscheidung, ob du beim Klimaschutz mitmachen möchtest.“
  2. Verständnis zeigen, Lösungen erfragen: „Ich kann verstehen, dass es anstrengend ist, im Alltag ständig auf Umweltfreundlichkeit und Klimaschäden zu achten. Was müsste passieren, damit Klimaschutz ein bisschen leichter und bequemer wird?“
  3. hypothetische Frage und Aufdecken von Gefühlen: „Angenommen, wir sind alle faul und unternehmen nichts. Wovor hast du am meisten Angst, wenn du an die Folgen der Klimakrise denkst?“

Fazit: Klimakommunikation gelingt am besten über Geschichten und Gefühle

Die Klimakrise ist bedrohlich und komplex zugleich. Sie schürt vielerlei Emotionen, weshalb es nicht weiter verwunderlich ist, dass Menschen darüber in Streit geraten. Oben genannte Beispiele geben Impulse für eine Klimakommunikation, in der es nicht nur um das Gewinnen eines Schlagabtauschs, sondern um Gespräche auf Augenhöhe geht. Wer Klima(ver)zweifelnde wirklich erreichen und vielleicht sogar zum Umdenken und Handeln bewegen möchte, sollte jedoch behutsam vorgehen – und vor allem viele Fragen stellen, die zum Erzählen einladen. Da jede Situation anders ist und jeder Mensch unterschiedliche Werte und Erfahrungen mit sich bringt, sollte man flexibel bleiben und unterschiedliche Strategien ausprobieren.

Grundsätzlich empfiehlt Janna: „Verschieben Sie den Fokus wann immer möglich von bloßen Klima-Fakten auf Geschichten und Gefühle. Das Eingestehen eigener Schwächen und Sorgen kann eine Brücke zu unserem Gegenüber schlagen. Besonders wichtig ist es, offene Fragen zu stellen und aktiv zuzuhören. Und es ist meist deutlich wirksamer, Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, statt einfach nur Panik zu verbreiten.“

Über unsere Gesprächspartnerin und Expertin Janna Hoppmann

Janna Hoppmann ist Klima- und Organisationspsychologin. Als Gründerin des Social Start-ups ClimateMind trainiert sie Führungskräfte aus Zivilgesellschaft, Politik, Verwaltung und Wirtschaft darin, zu authentischen und inspirierenden Gestalterinnen und Entscheidern für Klimaschutz zu werden. In den letzten zwei Jahren hat sie rund 1.500 Change Agents zu Klimapsychologie und Klimakommunikation beraten und weitergebildet.

Expertin Janna Hoppmann im Porträt.
Janna Hoppmann kennt sich im Bereich der Klimakommunikation sehr gut aus.

 

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