Pflanzenporträt: Bärlauch – ein bärenstarkes Kraut
Der Bärlauch (Allium ursinum) gehört zu den allerersten Frühlingsboten. Schon Anfang März streckt er sein zartes Grün aus der Erde. An feucht-schattigen Plätzen in Laub- und Auwäldern bildet das nach Knoblauch duftende Lauchgewächs dichte grüne Teppiche aus. Es bleiben aber nur wenige Wochen Zeit, um die Heilkräfte und Aromen des Bärlauchs zu nutzen. Denn schon im Mai werden seine Blätter ungenießbar und die Pflanze zieht sich im Juni in die Erde zurück.
Inhalt
Wie kam der Bär zum Lauch?
Der Bärlauch ist in vielen europäischen Sprachen namentlich mit dem Bären verbunden. Was hat das Frühlingskraut aber genau mit dem pelzigen Gesellen zu tun? Der Bär galt früher, ebenso wie der Bärlauch, als Frühlingsbote, der das Ende des Winters ankündigte. Gerne wird die Geschichte erzählt, dass sich Bären nach dem Winterschlaf mit Bärlauch stärken würden. Ob Bären wirklich gern Bärlauch fressen, sei dahingestellt. Zumindest wächst in den heute noch in Europa vorhandenen Bärengebieten kein Bärlauch.
Plausibler ist der Erklärungsversuch, dass unsere Vorfahren besonders heil- oder zauberkräftige Pflanzen mit dem Bären in Verbindung brachten, der als Symbol für Kraft und Stärke galt.
Das Rätsel um den Namen wird sich wohl nicht lösen lassen, aber Bärenkräfte besitzt das Lauchgewächs auf jeden Fall, dafür war es schon bei den germanischen Völkern bekannt. Deshalb musste Bärlauch unbedingt in die Neunkräutersuppe, die unsere Vorfahren bei den Frühlingsfesten am 21. März aßen.
Bärlauch: wilder Knoblauchduft für die Frühlingsküche
Der Bärlauch hat eine große Verwandtschaft, die man häufig im Gemüse- und Kräutergarten antrifft. Dazu gehören beispielsweise Küchenzwiebel, Knoblauch, Porree/Lauch und Schnittlauch. Der wilde Bärlauch braucht sich vor seiner Verwandtschaft nicht zu verstecken – im Gegenteil: Er hat in den letzten Jahren Karriere gemacht, indem er in Kochsendungen und Gourmet-Restaurants Einzug hielt. Mittlerweile füllen Rezeptvariationen des beliebten Krautes ganze Bücher.
Blätter, Samen, Zwiebeln und Blüten: Alles lässt sich verwenden
Wer Knoblauch und Zwiebel liebt, wird von dieser Pflanze begeistert sein. Sowohl Blätter als auch Blüten, Samen und Zwiebeln sind verwendbar. Alle Pflanzenteile besitzen einen intensiven, süßlich-scharfen Knoblauchgeschmack.
Von März bis Ende April können Sie die würzigen Blätter sammeln. Aber sobald die Blüte beginnt, leidet das gute Aroma der Blätter erheblich. Das haben unsere Vorfahren auch gemerkt. Sie glaubten, man dürfe ihn nur bis zur Walpurgisnacht am 30. April sammeln, da die Hexen in dieser Nacht durch den Wald ziehen und ihm alle Kraft rauben würden.
Junge Blätter schmecken am besten
Am besten schmecken die ganz jungen Blätter. Verfeinern Sie damit Salate, Suppen, Nudelgerichte, Saucen, Dips, Kräuterbutter und Pesto. Wenn Sie den Bärlauch zu Pesto verarbeiten, dann pürieren Sie die Blätter nicht, sondern zerkleinern Sie sie mit dem Wiegemesser. Die intensive Zerkleinerung im Mixer führt zu starken Enzymreaktionen, weshalb das Pesto bitter werden kann. Bärlauch enthält nämlich sehr instabile Schwefelverbindungen mit einer hohen Oxidationsempfindlichkeit.
Unter Bratkartoffeln oder Spaghetti gezogen, sind Bärlauchblätter ein Gedicht. Sie eignen sich ebenfalls als Füllung für Pfannkuchen oder Teigtaschen. Außerdem können Sie damit Aufläufe, Nudelteig, Kartoffelpüree und Knödel einzigartig aromatisieren. Die Intensität des Bärlauchgeschmackes nimmt beim Kochen und Dünsten ab. Das Aroma ist am charakteristischsten, wenn er roh genutzt oder erst zum Schluss unter die heiße Speise gemischt wird.
Konservieren Sie den unvergleichlichen Duft in Kräutersalz, Pesto, Essig oder Öl, denn die Erntezeit ist nur von kurzer Dauer. Sie können die Blätter auch eingefrieren.
Bärlauchblüten und -knospen als Gewürz oder essbare Dekoration
Wenn die Blatternte zu Ende ist, beginnt die Ernte der Blütenknospen und Blüten, die sich als Gewürz und essbare Dekoration verwenden lassen. Oder man nutzt sie zum Aromatisieren von Essig oder Öl, indem man sie zwei Wochen darin ausziehen lässt. Den grünen, unreifen Samen können Sie ebenfalls frisch verwenden und wie grünen Pfeffer einsetzen. Nach der Samenbildung zieht sich der Bärlauch in die kleine Zwiebel zurück.
Die länglichen Zwiebeln werden ab Juni ausgegraben und als Knoblauchersatz verwendet. Man nutzt sie wie die Küchenzwiebel: fein gehackt, gedünstet oder angebraten.
Bärlauch: kleiner Gesundheits-Check
Der Bärlauch liegt mit seiner Nährstoffdichte im Mittelfeld der Wildkräuter. Bezüglich Vitamin C, ß-Carotin und Eisen kann er jedoch punkten. So enthält er beispielsweise dreimal so viel Vitamin C wie eine Zitrone. Besonders gesegnet ist er zudem mit Chlorophyll, wovon er die dreifache Menge der Brennnessel aufweisen kann. Der grüne Pflanzenfarbstoff wirkt entzündungshemmend und entgiftend.
Antibakterielle, antifungizide Wirkung durch Schwefelverbindungen
Die Stärke des Bärlauchs bezüglich der Heilkunde liegt vor allem in den Schwefelverbindungen. Deren Abbauprodukte, zum Beispiel Allicin, besitzen antibakterielle und antifungizide Wirkungen. Sie sind sowohl in den Blättern als auch in der Zwiebel enthalten. Interessanterweise ist der Gehalt an Schwefelverbindungen im April vor der Blüte am höchsten. Zu dieser Zeit schmeckt der Bärlauch auch besonders intensiv.
Bärlauch: in der Volksmedizin beliebt
Die Inhaltsstoffe des Bärlauchs beugen Gefäßveränderungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor, denn sie wirken gefäßerweiternd, hemmen die Thrombozytenaggregation und senken Bluthochdruck sowie erhöhte Cholesterinwerte. Außerdem gilt der Bärlauch in der Volksmedizin als entgiftend, blutreinigend und verdauungsanregend. Der berühmte Kräuterpfarrer Johann Künzle (1857–1945) schwärmte in höchsten Tönen: „Wohl kein Kraut der Erde ist so wirksam zur Reinigung von Magen, Gedärmen und Blut wie der Bärlauch.“
Bärlauch sammeln: Verwechslungen mit giftigen Pflanzen ausschließen
Während der Blüte kann das Liliengewächs nicht mit giftigen Pflanzen verwechselt werden, denn der kugelige Blütenstand von Bärlauch mit seinen weißen, sternförmigen Einzelblütchen ist einzigartig. Auch die Blüten lassen sich in der Küche verwenden. Leider sind die Blätter aber nur vor der Blüte genießbar, weshalb wir beim Ernten genau hinschauen müssen.
Typisch Bärlauch: Die weichen Blätter haben einen dreikantigen Blattstiel und parallel verlaufende Nerven. Sie besitzen einen deutlichen Knoblauchgeruch, was keine der Verwechslungspflanzen von sich sagen kann. Der Geruch ist nur leider so stark, dass an Sammelorten meist alles nach Knoblauch riecht und Duftunterscheidungen schwierig werden. Alle giftigen Verwechslungspflanzen können am gleichen Standort wie der Bärlauch wachsen:
Maiglöckchen (Convallaria majalis): Die Blätter kommen während der Bärlauchernte immer paarweise ineinandergerollt, ohne deutlichen Blattstiel aus der Erde. Sie sind größer und eiförmiger als die Blätter des Bärlauchs. Die weißen Blüten des Maiglöckchens sind glockenförmig.
Herbstzeitlose (Colchicum autumnale): Drei, manchmal vier Blätter kommen ineinandergewickelt, ohne deutlichen Blattstiel aus der Erde. In der Mitte des Blatttrichters finden Sie eine grüne Kapselfrucht. Die Blätter von Herbstzeitlosen sind fleischiger als die des Bärlauchs. Außerdem sind sie schmaler und lanzettlicher. Am Mittelnerv sind sie deutlich gekielt.
Aronstab (Arum maculatum): Seine Blätter sehen eigentlich völlig anders aus, nämlich pfeilförmig. Aber ganz junge Blätter haben eine länglich-eiförmige Form. Sie besitzen wie Bärlauch einen Blattstiel, sind aber nicht parallelnervig, sondern haben eine deutliche Netznervatur. Das heißt, vom Mittelnerv ausgehend verteilen sich die Blattadern wie ein Netz.
Bärlauch erkennen: Tabelle zur Übersicht
Die giftigen Verwechslungspflanzen des Bärlauchs sind in nachfolgender Tabelle mit ihren besonderen Bestimmungsmerkmalen zusammengefasst. Abbildungen zu verschiedenen Blattformen finden Sie in unserem Beitrag zur Blätterbestimmung.
Bärlauch | Aronstab | Maiglöckchen | Herbstzeitlose | |
Geruch | Knoblauchduft | kein Knoblauchduft | kein Knoblauchduft | kein Knoblauchduft |
Blattnervatur | parallelnervig | netznervig | parallelnervig | parallelnervig |
Blattstiel | einzelnes Blatt am Blattstiel | einzelnes Blatt am Blattstiel | paarweise am gleichen Stängel, kein deutlicher Blattstiel | zu mehreren (meist drei) am gleichen Stängel, kein Blattstiel |
Blattanordnung | grundständig, meist 2 langgestielte Blätter aus einer Zwiebel | Blätter stehen in Grundrosette, direkt aus dem Wurzelstock | grundständig, stängelumfassend, ineinandergerollt | grundständig, stängelumfassend, ineinandergewickelt |
Blattfarbe/-form | hellgrün und weich, unterseits matt, elliptisch-lanzettlich | Blattunterseite glänzend, nur junge Blätter sind länglich-eiförmig, ältere Blätter pfeilförmig | blaugrün, unterseits glänzend, Blattform elliptisch | Oberseite stark glänzend, fleischig, eher schmal und lanzettlich, am Mittelnerv deutlich gekielt |
Wurzel | Zwiebel | keine Zwiebel, sondern Wurzelstock | keine Zwiebel, sondern Wurzelstock | Zwiebel |
Blüten | kugelige Sammelblüte, anfangs in Hülle | kolbenförmiger Blütenstand, mit umhüllendem Hochblatt | glockenförmige Blüten am Stängel | Samenkapsel in Blattrosette, krokusähnliche Blüten erscheinen erst im Herbst |
Giftwirkung | ungiftig | ätzend, Schleimhaut reizend | giftig – herzwirksam | Sehr giftig!
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Lieblingsrezepte mit Bärlauch
Der aromatische Bärlauch lässt sich vielfältig einsetzen. Hier verrate ich Ihnen meine persönlichen Lieblingsrezepte.
Rezept für Bären-Essig
Nutzen Sie Bärlauch für aromatischen Essig. Tipp: Das gleiche Rezept können Sie auch nutzen, indem Sie den Essig durch Olivenöl ersetzen. Das Bärlauchöl ist ein wunderbares Salat- und Würzöl.
Zutaten
- 40 g junge Bärlauchblätter oder alternativ 30 g Bärlauchzwiebeln
- 1/2 Zitrone
- 500 ml Weißweinessig
Zubereitung
- Bärlauchblätter grob zerkleinern oder Bärlauchzwiebeln in Scheiben schneiden. Zitrone ebenfalls in Scheiben schneiden.
- Alles in ein Schraubglas füllen.
- Das Ganze mit Weinessig übergießen, sodass die Zutaten gut bedeckt sind. Mehrmals durchschütteln.
- Nach zwei Wochen abfiltern und in schöne Flaschen füllen.
Rezept für Frühlingspesto
Schmeckt zu Pasta, in Salatsaucen oder als Brotaufstrich. In Gläser gefüllt, mit etwas Öl bedeckt und im Kühlschrank gelagert, hält das Pesto etwa drei Monate.
Zutaten
- 60 g Bärlauchblätter
- 40 g junge Gierschblätter
- 30 g junge Löwenzahnblätter
- 40 g Sonnenblumenkerne
- 150 ml Olivenöl
- 40 g frisch geriebener Parmesan
- 2 EL Zitronensaft
- 1 TL Meersalz
Zubereitung
- Die Kräuter ganz fein schneiden.
- Sonnenblumenkerne in einer Pfanne ohne Fett leicht anrösten und ebenfalls mit dem Wiegemesser fein hacken.
- Zusammen mit den restlichen Zutaten vermischen.
Rezept für Bären-Zaziki
Reichen Sie bärlauch-Zaziki zu gegrilltem Gemüse, Gyros, Lamm, Kartoffeln, Nudeln, Reis oder frisch gebackenem Brot.
Zutaten
- 500 ml griechischer Joghurt
- 1 große Handvoll Bärlauchblätter
- 1 Salatgurke
- 2 El Olivenöl
- Pfeffer, Salz
Zubereitung
- Bärlauchblätter fein schneiden, Salatgurke raffeln und den Saft abtropfen lassen.
- Bärlauch und Salatgurke mit Olivenöl sowie etwas Salz und frischem Pfeffer unter den Joghurt rühren.
Tipp: Griechischen Jogurt können sie auch selbst herstellen. Das Geheimnis seiner besonderen Konsistenz ist das Abtropfen, weshalb er weniger Flüssigkeit enthält und somit fester und cremiger ist. Nehmen Sie einen normalen Joghurt und lassen Sie ihn einige Stunden über einem Passiertuch gut abtropfen. Fertig!
Probieren Sie sich außerdem an weiteren leckeren Bärlauchrezepten – zum Beispiel einem selbst gebackenen Bärlauchbrot oder cremiger Bärlauchbutter.